Die 1963 geborene und bei Düsseldorf aufgewachsene Claudia Brücken zeigt sich auf ihrem neuen Album "Night Mirror" (Demon Music Group/Bertus) als kreative Künstlerin facettenreicher elektronischer Musik. Mit 10 englischsprachigen Stücken zwischen „My Life Started Today“ und „Dancing Shadow“ kombiniert Brücken markante Elemente der 1980er Wave-, Elektro- und Synthesizer-Ära mit einprägsamen lyrischen Texten. Die ehemalige Sängerin von Propaganda verzaubert auf ihrem vierten Solo-Album alte und neue Fans. Im Gespräch mit der sympathischen Sängerin blicken wir zusammen auf ganz persönliche Kompositionen, die ihre umfangreiche Diskografie nachhaltig bereichern.
Welche KünstlerInnen und Bands haben Dich Ende ab der 1970er Jahre inspiriert Sängerin zu werden?
Vor allem die deutsche Sängerin Nico, die durch ihre Arbeit mit den Amerikanern The Velvet Underground berühmt wurde und die englische Post Punk- und Dark Wave-Band Siouxsie and the Banshees. Dann natürlich Nina Hagen und viele andere mehr.
Hast Du eine professionelle Gesangsausbildung absolviert oder bist Du Autodidaktin?
Ich habe schon als Kind gerne Musik gehört. Auch später im Partykeller meines Vaters war Musik immer präsent, aber erst nachdem ich in meine Wahlheimat London gezogen war, hatte ich einige Gesangsstunden genommen.
Im Alter von 16 Jahren bist Du als Besucherin der Szenekneipe Ratinger Hof Teil der Topolinos, einer New Wave-Band geworden. War das der Beginn Deiner Karriere?
Neben meiner Freundin Susanne Freytag war Sabine Wolde in der Band, deren Freund uns einen Track („Mustafa“) auf dem Partysnäks-Sampler anbot. So ging das 1982 los, ohne großen Plan.
Ralf Dörper (u.a. Die Krupps) gründete im gleichen Jahr die elektronische Pop-Band Propaganda und holte zunächst Susanne, dann Dich in die Gruppe. Das Besondere: Das englische Label ZTT nahm die Band unter Vertrag, ihr zogt nach London und der Titel „Dr. Mabuse“ wurde 1984 zu einem internationalen Achtungserfolg 1985 folgte das Debüt „A Secret Wish“, u.a. mit der Single „Duel“, später der Hit „p:Machinery“. Wie hast Du diese Zeit rückblickend erlebt?
Als die Single „Dr. Mabuse“ 1984 veröffentlicht wurde hatte ich gerade Abitur gemacht. Ich bin dann nach London gezogen und habe die Musik wirklich ernst genommen und u.a. mit dem großartigen Produzenten Trevor Horn arbeiten können.
Du hast 1986 den ZTT-Manager Paul Morley geheiratet, mit dem Duo Act kurzzeitig weitergemacht, hast eine Tochter bekommen, wurdest geschieden und warst alleinerziehende Mutter. Die Liebe zur Musik blieb. 1991 erschien dann Dein Solo-Debüt „Love: And a Million Other Things (Island Records).
Eltern zu sein ist zeitintensiv und so lag der Fokus eine Zeit lang nicht auf der Musik. Aber ich freue mich, dass meine Tochter als Autorin und Grafikerin auch den künstlerischen Weg eingeschlagen hat.
Ab 2004 warst Du mit Onetwo wieder zurück, einer Band mit Deinem damaligen Freund, dem OMD-Keyboarder Paul Humphreys. Bis 2013 habt ihr u.a. mit Martin Gore (Depeche Mode) und Andy Bell (Erasure) gearbeitet. Hatten Dir da Deine alten Kontakte genutzt?
Ja, ich lebe seit 40 Jahren in London und so habe ich viele relevante Künstler, vor allem in der Elektronik-Szene kennengelernt, die zu einer Zusammenarbeit gerne bereit waren.
Mit Susanne gab es ab 2018 auch wieder gemeinsame Aufnahmen und Live-Auftritte, zuletzt 2022 unter Xpropaganda mit Stephen Lipson und dem Album „The Heart Is Strange“. Seid ihr dem elektronischen Stilmix der frühen Tage treu geblieben?
Ich experimentiere gerne, aber bleibe der elektronischen Musik mit der Kombination aus herkömmlichen Instrumenten treu. Man lernt dazu und wird mit dem Alter besser.
Für „Night Mirror“ hast Du Produzent Jon Williams (u.a. The Housemartins, Simple Minds) gewinnen können. Welche Rolle spielte er?
Wir haben die zehn Songs zusammengeschrieben und aufgenommen. Die gemeinsame Arbeit begann bereits 2014 bei meinem dritten Solowerk „Where else…“ als Team. Da wir beide in Nordlondon leben, treffen wir uns wöchentlich um an Musik und Texten zu arbeiten.
Geht ihr bei den Texten über reine Unterhaltung hinaus, also zumindest in Richtung ´Infotainment´?
Das hast Du prima gesagt. Ja, für mich sind die Texte schon immer sehr relevant gewesen. Ich möchte eine Geschichte mit Botschaft erzählen, die HörerInnen adaptieren können.
Mit „Rosebud“ wurde vorab eine erste Single veröffentlicht. Hast Du weitere Lieblingstitel?
Ich denke eigentlich noch immer in den alten LP-Kategorien, A-Seite und B-Seite. Ich will daher eher kein Stück herauspicken, aber „To Be Loved“, „Sincerely” und „Shadow Dancer“ sind sehr stimmungsvoll. Die wirken nach.
Neben der Künstlerin gibt es auch die private Claudia. Wie und wobei kannst Du am besten vom Musikbusiness entspannen?
Ich bin gerne Gärtnerin die sich mit Leidenschaft um ihre Terrasse kümmert. Ansonsten bietet London jede Menge Parks und reichlich Kultur. Und ich koche tatsächlich sehr gerne.
Text:
Frank Keil Bilder: Ray Moody
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