Mit Dr. Horrible’s Sing-Along Blog kommt
ein Kult-Klassiker der Web-Ära erstmals als deutsches Bühnenmusical
auf die große Bühne. Eine aberwitzige Mischung aus
Superhelden-Satire, Musical-Comedy und tragischer Lovestory –
inszeniert mit viel Herzblut, Humor und einer Prise Wahnsinn.
Was hat dich dazu inspiriert, Dr. Horrible’s Sing-Along Blog als
Musical auf die Bühne zu bringen?
Caroline Steinkrug (Regie). Ich habe die Webserie 2012 entdeckt – und war sofort Feuer und Flamme! Sie vereint all das, was ich liebe: Musical, Film, Humor und eine gute Portion Nerdkultur. Dazu großartige Musik und Charaktere, die mehr sind als schwarz oder weiß. Für mich war klar: Diese Welt gehört nicht nur auf den Bildschirm, sondern live auf die Bühne. Superhelden und Antihelden begeistern Menschen weltweit – höchste Zeit, dass sie auch deutsche Bühnen erobern.
Wie kam die Zusammenarbeit mit Jan Ammann (Captain Hammer) zustande?
Caroline Steinkrug (Regie). Jan und ich lernten uns 2007 kennen - damals hat er mich im Theater fast umgerannt, als er aus dem Fahrstuhl trat. Ich schätze ich ihn sehr, weil er so ein fantastischer Künstler und Mensch ist. Als es um Captain Hammer ging, war er sofort mein Favorit. Ich habe ihm das Skript geschickt, ein paar Songs – und zur Sicherheit noch einen kleinen Zettel: „Willst du unser Captain Hammer sein? Kreuze an: Ja, Nein, I call you!“ Zum Glück hat er das Richtige angekreuzt.
Wie würdest du die Tonalität des Stücks beschreiben – eher Satire, Drama oder Superhelden-Parodie?
Caroline Steinkrug (Regie). Ein bunter Mix aus allem! Dr. Horrible ist witzig, tiefgründig, schräg und überraschend – mit ernsten Themen in quietschbunter Verpackung. Der Bad-Horse-Chor als musikalisches Telegramm, Groupies mit fragwürdigen Fanartikeln und neue Figuren sorgen für Spaß. Stilistisch greifen wir Comic-Elemente wie starke Kontraste, Outlines und Lichtkanten auf. Unterstützt wird das Ganze von einer Live-Band mit eigens arrangierter Musik, die jeder Figur ihren eigenen Sound verleiht – von Rock bis Filmmusik. Da ist wirklich für jeden etwas dabei!
Gab es Änderungen am Original – neue Szenen, zusätzliche Songs oder inhaltliche Ergänzungen?
Was erwartet die Fans des Originals – und was bietet das Stück denen, die Dr. Horrible gar nicht kennen?
Caroline Steinkrug (Regie). Fans dürfen sich auf viele liebevolle Details, das ein oder andere Easter Egg, neue Songs und Szenen freuen, die die Geschichte vertiefen und die 45 Minuten der Webserie auf knapp 2 Stunden erweitern. Wir lieben die Charaktere sehr und investieren viel Hirnschmalz in den Umgang mit ihnen. Und für alle Neulinge: Willkommen in der Welt der (Anti-)Helden! Euch erwartet ein unterhaltsamer Abend mit viel Musik, schrägem Humor, Herz und einer Story, die berührt. Wer vorher noch kein Nerd war – nach der Show ist man es mit Stolz!
Was reizt dich an der Rolle des Dr. Horrible – einem Antihelden mit so viel innerer Zerrissenheit?
Lion-Russell Baumann (Dr. Horrible / Billy). Gerade diese Zerrissenheit macht ihn so spannend. Ich liebe Figuren, die nicht eindeutig gut oder böse sind – Billy ist verletzlich, idealistisch, wütend und einsam zugleich. Ich freue mich immer, wenn ich komplexe Figuren spielen darf. Dazu kommt das Genre selbst: Dramedy verlangt ein facettenreiches Spiel, bei dem es darum geht, den Humor im Drama zu finden – und umgekehrt. Die Frage, warum jemand zum Antihelden wird, ist für mich eine zutiefst menschliche. Dr. Horrible ist nicht einfach ein Bösewicht, sondern ein Mann, der am Leben scheitert – auf tragisch-komische Weise. Und genau diese Widersprüche will ich auf die Bühne bringen.
Wie bereitest du dich auf eine Figur vor, die gleichzeitig tragisch, komisch und musikalisch herausfordernd ist?
Lion-Russell Baumann (Dr. Horrible / Billy). Ich versuche, die Figur wirklich zu durchdringen – nicht nur im Kopf, sondern auch körperlich. Wie bewegt sich Billy? Wie fühlt sich seine Wut, seine Scham, seine Hoffnung an? Wiederholung ist eines der wichtigsten Werkzeuge von Künstler*innen. Ich lese das Stück so oft wie möglich, höre mir die Songs immer wieder an – jedes Mal entdecke ich etwas Neues. Doch diese Analyse darf nicht nur im Kopf stattfinden. Ich will sie körperlich verankern: Wie bewegt sich die Figur? Wie fühlt sie sich an? Dafür nutze ich verschiedene Methoden, um ihr Verhalten physisch zu erforschen.
Was die Songs betrifft, heißt es: üben, üben, üben – und dann loslassen. Vertrauen darauf, dass meine Interpretation ankommt. Am Ende muss ich meinen Prozess loslassen können, meinem Instinkt folgen und darauf vertrauen, dass sich alles was auf der Bühne stattfindet, dem Publikum etwas erzählt und es davon bewegt ist.
Wie seid ihr an die musikalische Umsetzung von Dr. Horrible herangegangen – vor allem mit Blick auf den besonderen Ton des Originals?
Erdenstern (musikalisches Ensemble). Die Musik, die mit Joss Whedons Werken verbunden ist – etwa von Christophe Beck ("Buffy the Vampire Slayer"), Robert J. Kral ("Angel") oder Maurissa Tancharoen und Jed Whedon selbst (z. B. "Dr. Horrible's Sing-Along Blog") – hat uns wirklich beeindruckt. Da ist diese fantastische, frische Musikalität, die sich sofort abhebt. Besonders die Mischung aus verspielter Ironie und diesen offenen, fast minimalistischen Akkorden hat uns inspiriert. Genau das waren für uns Orientierungspunkte, an denen wir anknüpfen konnten.
Habt ihr bestimmte musikalische Motive für Figuren oder Themen im Stück entwickelt?
Erdenstern (musikalisches Ensemble). Die Vorlage selbst gibt viele Anhaltspunkte, und manchmal ist es einfach ein Vergnügen, den Groove der Originale zu nehmen, ihn zu orchestrieren, zu erweitern oder ganz neu zu interpretieren. So entstehen neue Themen für Figuren. Dank des großen Vertrauens von Carrie und dem gesamten Team hatten wir dabei viele Freiheiten – die wir aber bewusst dosiert eingesetzt haben, aus Respekt gegenüber dem Original.
Gibt es ein Instrument oder einen Sound, den ihr besonders mit Dr. Horrible verbindet?
Erdenstern (musikalisches Ensemble). Viele – Das Klavier spielt im Original eine tragende Rolle und war auch für uns immer der Startpunkt bei der Instrumentierung. Von dort aus die Stücke nach und nach mit Orchester, Gitarre oder Schlagzeug „zu würzen“, ist einfach ein großer Spaß. Drama, Jazz, Western und Rock – was für eine herrlich wilde Mischung!
Captain Hammer ist gleichzeitig Held und Satire – wie näherst du dich dieser schillernden Figur?
Jan Ammann (Captain Hammer). Captain Hammer sieht sich selbst als klassischen Helden – stark, selbstbewusst, charmant. Doch genau diese Selbstwahrnehmung macht ihn manchmal auch zur Satire. Er meint es gut, tritt dabei aber gern ins nächste Fettnäpfchen. Das macht ihn nicht nur komisch, sondern auch menschlich. Ich sehe ihn als Spiegel unserer Gesellschaft: Wir wollen Gutes tun, scheitern aber oft an unserem Ego oder unseren blinden Flecken. Wir machen uns gerne eine MEINUNG bevor wir uns ein neutrales BILD machen. Gerade dieser Kontrast macht Captain Hammer für mich so spannend – und so unterhaltsam.
Interview: Markus Brixius Bild: CoLa Fotografie
Congresshalle
Saarbrücken
Freitag, 25.
bis Sonntag, 27. Juli 2025