Zweifelsohne gehört WIZO aus Sindelfingen zu den erfolgreichsten deutschen Punkrock-Bands. Die 1986 gegründete Trio-Besetzung hat über die Jahre und die umfangreiche Diskografie hinweg stets klar Stellung zu aktuellen Entwicklungen in Gesellschaft und Politik bezogen. Sänger/Gitarrist Axel Kurth ist heute das einzig verbliebene Gründungsmitglied und zugleich ein versierter Gesprächspartner. Zusammen mit Bassist Ralf Dietel und Schlagzeuger Axel Stinson geht er zwischen Februar und April 2026 auf eine DACH-Tournee mit über 40 Klubdaten, die „WIZO Bringt Das Licht!“-Tour. Freut euch auf verschwitzte Nächte, alte Hymnen, neue Hits und kollektive Eskalation.
Was hat es mit dem Namen WIZO auf sich, welche Bedeutung verbirgt sich dahinter?
Ein Fragewort als Stolperstein aufgrund der Punk-Schreibweise. Aus Wiso wurde noch zu Schulzeiten WIZO. Wie z.b. bei NoRMAhl und LustfingeR ist über die Schreibweise der Bandname den Leuten zusätzlich im Gedächtnis geblieben.
Welche Bands haben Euch anfänglich inspiriert und dazu bewogen selber Punk zu machen?
Ich setze mich tatsächlich wenig mit meiner Vergangenheit auseinander, eher mit der Gegenwart und der Zukunft. Aber Livemusik hat mich schon früh begeistert, Blondie, The Knack, Motörhead, die Ramones. Und wichtig war mir immer die Melodie vor der Energie.
Eure erste LP „Für´n Arsch“ erschien 1991. Im gleichen Jahr habt ihr auf einem Lastwagen bei einer Gerichtsverhandlung gegen den Schauspieler Manfred Krug in Calw vor dem Gericht gespielt. Was gibt es darüber zu erzählen?
Es ging um ein Verkehrsdelikt und wir haben uns mit Krug augenzwinkernd solidarisch erklärt: „Freie Fahrt für freie Bürger.“ Mit dem Lastwagen sind wir vor das Gericht gefahren, haben die Plane hochgemacht und abgerockt. Ich bin dann noch in das Gericht gegangen und habe ihm ein T-Shirt von uns in die Hand gedrückt. Damit haben wir es bis in das heute-journal geschafft, es war unbezahlbare PR. Später haben wir es dann noch hingekriegt, die Tochter seines Bruders aus unserer Nachbarschaft als Gast-Sängerin auf einem Titel der „Bleib tapfer“-LP 1992 einzuladen.
Warum kam es 2005 zur Auflösung und welche Gründe führten 2009 zur Reunion von WIZO? 2014 und 2015 gab es erneute Besetzungswechsel am Bass und Schlagzeug.
Die Auflösung hatte familiäre Gründe, danach brauchte ich Zeit um das Line Up zu komplettieren. Seit 2015 ist die Besetzung konstant, da wir uns als Menschen und Künstler prima ergänzen.
Ihr gehört ja zu denen Bands, die eure Vorgruppen noch selber zielgruppengerecht auswählen. Für die „WIZO Bringt Das Licht!“-Tour sind ja namhafte, amtliche Acts mit dabei.
Ja, genau, alle verfügen über großen Rückhalt in der Szene. Und die Auswahl mit NoRMAhl, Butterwegge, Itchy, Rantanplan, ZSK und Montreal, die uns jeweils für Blöcke begleiten, kann sich durchaus sehen lassen.
„Welt kaputt. Feiern gut!“ lautet der Untertitel der Tournee, bei der ihr statt in große Hallen zu wechseln konsequent den Klubs und Kulturzentren treu bleibt. Ihr sucht also nach wie vor den direkten Kontakt zum Publikum?
Nah dran an den Fans, bei maximaler Energie, unter der „arschlochfreien Dunstglocke“, das gibt Kraft für den Wahnsinn der Welt. Aber es bedeutet auch bis zu sechsmal pro Woche, durch viele Doppelshows, auf der Bühnen zu stehen. Das ist schon eine Herausforderung.
Das letzte reguläre Album „Nichts wird wieder gut““ erschien 2023. Welchen Stellenwert genießt es innerhalb eurer Diskografie?
Ein gutes, gelungenes Album, aber es widerstrebt mir, Alben einzuordnen und zu bewerten. Viele dieser Songs hatte ich schon vor der Pandemie geschrieben. Nach der Pandemie hatte ich eine Art Schreibblockade, die noch anhält. Damals ist wirklich viel Leichtigkeit abhandengekommen. Ich halte Alben heute durch Streaming nicht mehr für zeitgemäß. Der Arbeits- und Kostenaufwand steht bei einer LP oder Single nicht mehr im Verhältnis zum Ertrag und ist nur machbar in Kombination mit einer Tournee.
Das gilt dann auch für Live-Aufnahmen? Gibt es die Idee „Wizo Bringt Das Licht!“ auf Vinyl/CD zu dokumentieren?
Nein, es wird wegen möglicher Beweisführung mitgeschnitten und für uns. Ansonsten rechtfertigt die Nachfrage den großen Aufwand nicht. Auf unserer offiziellen Webseite kann man aktuell kostenlos das Konzertvideo „Live in Gießen“ vom Kultursommer aus dem Jahr 2025 anschauen.
Ihr bezeichnet euch auf eurer Webseite noch immer als antifaschistische Punkrockband. Wie sieht es diesbezüglich mit dem Begriff ´linksradikal´ bei WIZO aus?
Man muss sich ernsthaft und tiefgründig im Diskurs mit Themen aus Gesellschaft und Politik auseinandersetzen, nicht nur mit Kurz-Nachrichten auf Social Media-Plattformen auf sich aufmerksam machen. In diesem Sinne sind wir linksradikal und bleiben es. Aber auch wir haben nicht immer Antworten auf die Spannungen und Diskussionen innerhalb der linken Szene. Aber wir positionieren uns nach wie vor vehement gegen Rechts.
Gibt es Non Profit-Organisationen die ihr auf der kommenden Tournee unterstützt?
Ja, es ist quasi auch immer eine Art Visitenkarte von uns. Die ´Linke Hilfe´ war es auf der letzten Tournee und 2026 wird es ´Kein Bock auf Nazis´ sein, ab und an unterstützt von lokalen Institutionen.
Neben dem Künstler gibt es auch die Privatperson Axel Kurth. Wobei entspannst Du vom Musikbusiness?
Ein umfangreiches Sportprogramm und lange Reisen mit Sonne und Meer helfen mir bei der Regeneration. Aber eigentlich ist es ein Privileg auf diesem Level Musik machen zu dürfen.
Text:
Frank Keil I Bilder: Sonja Moeller
Garage Saarbrücken
Donnerstag 26. März 2026 // 19.00
Freitag 27. März 2026 // 19.00